Ein tiefes Hineinhören in den Tanz mit „Become Ocean“

Mit der Uraufführung von „Become Ocean“ kehrt das Hessische Staatsballett im Februar epochal auf die Bühne
des Großen Hauses zurück. Das Tanzstück des choreografischen Duos Chen-Wei Lee und Zoltán Vakulya (LEE\VAKULYA) zur gleichnamigen Komposition von John Luther Adams ist eine Zusammenarbeit mit dem
Staatsorchester Darmstadt unter der Leitung von Nicolas Kierdorf und eine gemeinsame Auftragsarbeit mit dem National Theater and Concert Hall of Taipei in Taiwan.

John Luther Adams ist einer der führenden zeitgenössischen Komponisten im Bereich der Minimal Music. Der 1953 geborene US-Amerikaner gewann für „Become Ocean“ den Pulitzer-Preis 2014 und den Grammy Award 2015 in der Kategorie „Beste zeitgenössische klassische Komposition“. Die Musik zeichnet sich durch eine atmosphärische Dichte aus, die auf langsame und intensive Weise einen wellenartigen Spannungsaufbau vollzieht, der sich unmerklich doch konsequent zu einem aufwühlenden Sturm ausbreitet. Die Auseinandersetzungen mit den Elementen in der Natur zeigt sich in Adams` Biografie. Über drei Jahrzehnte lebte der Komponist in Alaska und fand neben seiner Tätigkeit als Klimaaktivist eine reiche Inspiration in den Landschaften und Witterungen des pazifischen Nordwestens. Dabei war lange Zeit ein künstlerischer Weg gar nicht die erste Option, sondern für Adams eine Entscheidung seinen ökologischen Aktivismus mit anderen Mitteln – denen der Kunst – fortzuführen. Musikalisch sind die Einflüsse auf Adams` Kompositionsstil sehr breit gefächert und reichen von Neuer Musik, allen voran John Cage über Rock, Jazz bis zur grafischen Notation eines Morton Feldman. Ein wesentliches Merkmal im musikalischen Schaffensprozess ist für Adams das genaue Hineinhören in die Musik. Die instrumentalen Wechsel, auch wenn sie unmerklich scheinen, aufzudecken und mit einer beinahe schon mikroskopischen Genauigkeit nachzuspüren.

Gleichsam gehen LEE\VAKULYA bei ihrer choreografischen Arbeit vor. Sie übersetzen die Klanglandschaft
von „Become Ocean“ mit großer Präzision in die Körper des Tanzensembles. Dabei changiert die entstehende Choreografie zwischen Chaos und Struktur, wobei die Gruppe der Tänzer*innen als Ganze vergleichbar einem Schwarm in ein fein mit der Musik abgestimmtes Bewegungssystem findet, das von Lebendigkeit und fließendem Wechsel getragen wird. Momente der Ruhe und Phasen von Dynamik wechseln sich ab und lassen die Körper auf den Klängen der Musik surfen. Gemeinsam erschaffen die beiden Choreograf*innen mit dem Ensemble des Hessischen Staatsballetts eine zeitlose Übersetzung des tosenden Ozeans in die Gefühlstiefen der menschlichen Gesellschaft.

Become Ocean
Choreografie von LEE\VAKULYA / empfohlen ab 12 Jahren

CHOREOGRAFIE LEE\VAKULYA
MUSIK John Luther Adams
SOUNDDESIGN Fanny Thollot
MUSIKALISCHE LEITUNG Nicolas Kierdorf
BÜHNE Yoko Seyama
LICHT Joanne Shyue
KOSTÜME Damur Huang
DRAMATURGIE Lucas Herrmann
Es spielt das STAATSORCHESTER DARMSTADT.

Uraufführung am 21. Februar 2026 | Großes Haus


Zu Gast beim Hessischen Staatsballett – Die außergewöhnlichen Gastspiele „Shiraz“ und „Black/Filter“

In „Shiraz“ verweben sechs Performer*innen pulsierende Bewegungen zu einem fließenden Geflecht gemeinsamer Praxis und bringen das historische Shiraz Arts Festival im Iran als Hommage und lebendige Imagination in die Gegenwart. „Black“ von Oulouy reflektiert die Verletzlichkeit, Stärke und Emanzipation
des des Schwarz-Seins: ein Körper, der irritiert, feiert, erinnert und durch Streetdance-Stile aus Afrika und
seiner Diaspora eine eindringliche Chronik heutiger Realitäten formt. In der europäischen Erstaufführung „Filter“ von Gunika Aniva schließlich wird der Körper zum Archiv kultureller Bruchlinien. Behutsame, reduzierte Bewegungen offenbaren Fragilität und Widerstandskraft und lassen Spuren uigurischer Erinnerung zwischen Stille und Offenbarung aufscheinen.

Shiraz
Choreografie von Armin Hokmi
Termin am 16. Januar 2026, 19:30 Uhr | Kleines Haus


Black/Filter
Choreografien von Oulouy und Gunika Aniva
Termine am 30. & 31. Januar 2026, jeweils 20:00 Uhr | Kammerspiele