Gustav Rueb inszeniert Shakespeares Othello

   

Othello (englisch: The Tragœdy of Othello, the Moor of Venice) ist ein Stück um Eifersucht, um Macht, Liebe, Krieg. Doch vor allem geht es um den Rassismus einer von Männern geprägten, weißen Gesellschaft gegen den erfolgreichen schwarzen General Othello. Wie man es dreht, biegt oder argumentiert: Das ist der Kern des Stückes. Nicht nur Othellos Gegenspieler Jago, der handlungstreibende Anti-Held, versprüht das Gift des Hasses durch seine Intrige und seine brutale, diffamierende Sprache immer mehr, bis Othello isoliert steht, den freien Blick verliert und glaubt, dass seine geliebte Frau Desdemona ihn betrügt. Das ist der Anfang vom Ende...

Regisseur Gustav Rueb befragt den über 400 Jahre alten Klassiker allerdings auch danach, wie zwangsläufig scheinbar Gesetzmäßigkeiten in dieser MännerWelt ablaufen müssen. Für seine Darmstädter Inszenierung sind die Vorurteile dieser Gesellschaft, die Ressentiments, denen „the noble Moor in the service of the Venetian State“ ausgesetzt ist, ein Hauptaspekt des Stücks Sucht man nach alten Stichen oder Gemälden zum Drama, stößt man meist auf eine Szene: Othello und Desdemona im Bett. Oft trägt Othello goldenen Schmuck: Es bleibt eine europäische Angelegenheit, bei der „das Fremde“ interpretiert und oft klischiert wird.

Auf Inszenierungsfotos sieht man meist einen weißen Theaterstar, durch ein Zeichen markiert oder tatsächlich konkret und – eigentlich nach den vielen Debatten undenkbar – einer diffamierenden Tradition nachfolgend mit dunkler Farbe angemalt. Viele berühmte weiße Männer spielten Shakespeares Titelhelden: Orson Welles, Laurence Olivier, Ulrich Wildgruber, Joachim Meyerhoff etc. Bei all diesen wurde die Technik des „Blackfacing“ mehr oder weniger unreflektiert aufgegriffen und wiederholt. Es gibt unzählige weitere Beispiele von großen deutschen Bühnen auch aktuell 2019, die die Frage von people of colour, warum die Titelrolle weiß besetzt wird, ignorieren oder kontern. Liest man wie Gustav Rueb einen Hauptaspekt des Stückes im Hass auf Fremde, fällt es schwer eine Besetzungspolitik zu verstehen, die auf provozierende, respektlose Weise den im Text angesprochenen Rassismus reproduziert. Mit einem weißen Othello, um den herum es ebenfalls nur weiße Besetzungen gibt, funktionieren viele Szenen schlicht nicht.

Regisseur Rueb arbeitet zum vierten Mal am Staatstheater Darmstadt. Er setzt seine Zusammenarbeit mit dem renommierten Bühnenbildner Daniel Roskamp fort. Die Titelrolle spielt Ernest Allan Hausmann, der von sich sagt: „Schon mein Name deutet auf einen multinationalen Hintergrund. Daher ist die Frage nach meiner Herkunft durchaus berechtigt! Die Antwort lautet eindeutig: Norddeutschland! Aber an meiner Entstehung sind sowohl die Sachsen, die Ostfriesen als auch die Ashanti aus der Region Kumasi in Ghana beteiligt gewesen. Cooler Mix? Finde ich auch! Um mich in eine Schublade zu stecken, bräuchte es schon ein Apothekerschrank. Mein Motto: Bleib offen und im Jetzt!“ (Karoline Hoefer)


Othello