Becoming Luise Büchner 

La beauté
Je suis belle, ô mortels! comme un rêve de pierre,
Et mon sein, où chacun s'est meurtri tour à tour,
Est fait pour inspirer au poète un amour
Éternel et muet ainsi que la matière.
Je trône dans l'azur comme un sphinx incompris;
J'unis un coeur de neige à la blancheur des cygnes;
Je hais le mouvement qui déplace les lignes,
Et jamais je ne pleure et jamais je ne ris.
Les poètes, devant mes grandes attitudes,
Que j'ai l'air d'emprunter aux plus fiers monuments,
Consumeront leurs jours en d'austères études;
Car j'ai, pour fasciner ces dociles amants,
De purs miroirs qui font toutes choses plus belles:
Mes yeux, mes larges yeux aux clartés éternelles!
(Charles Baudelaire „OEuvres complètes“ Paris 1975)

Die Schönheit
Ihr menschen · ich bin schön · ein traum von stein!
Mein busen der zu blutigen küssen treibt:
Dem dichter flösst er eine liebe ein
Die stumm ist wie der stoff und ewig bleibt.
Ich bin die sfinx die keiner noch erfasst ·
Die herz von schnee und schwanenkleid vereint ·
Die jedes rücken an den linien hasst –
Ich habe nie gelacht und nie geweint.
Die dichter all vor meinem grossen wesen
– An stolzen bauten scheint es abgelesen –
Zerquälen ständig sich in strengen schulen.
Für sie besitz ich · die gefügen buhlen ·
Wo alles schöner spiegelt · eine quelle:
Mein aug · mein weites aug von ewiger helle.
(Umdichtung von Stefan George, „Die Blumen des Bösen“, Berlin 1901)

Erinnerung
Hier will ich sitzen und ruhen
An diesem lieblichen Ort,
Will schweifen lassen das Auge
Ins Weite von Ort zu Ort.
Will stille sitzen und denken
An Alles was ich geliebt,
Will Alles, Alles vergessen,
Was mich verletzt und betrübt.
Und kann ich es denn verbannen,
Woran ich nicht denken will?
Wie bleibt es beim frohen Erinnern
Im Herzen so öd und so still!
Es sind so innig verbunden
In mir die Freuden und Wehn,
Dass nur vereint sie entschlummern,
Vereinigt nur auferstehn!
(Luise Büchner „Frauenherz. Gedichte – Jugendklänge“, Berlin 1862)

Stille Frage
Es quillt des Abendsterns
Geheimnisvoller Schein,
So nah und auch so fern,
Mir in das Herz hinein.
Drin glüht ein andres Licht,
So nah und auch so fern,
Das Herz umschließt es dicht -
Doch weit ists wie der Stern.
Du goldner Liebesstrahl,
Geh, frage deinen Stern,
Bleibt er zu deiner Qual,
Dir ewig, ewig fern?
(Luise Büchner „Frauenherz. Gedichte – Jugendklänge“, Berlin 1862)

An Viele
Eines weiß ich, ob ihr mir auch grollt,
Daß ich stets das Beste nur gewollt!
Sprecht, warum war ich euch denn einst lieb,
Welch ein Reiz war′s, der euch zu mir trieb?
Schönheit blieb mir fern und Reichthum fehlt,
Witz und Geist ist Andern mehr erwählt,
Doch ein treues Herz und fester Muth
Für das Rechte und der Wahrheit Gut,
Liebe zu der Menschheit, die da klagt,
Und ein Geist, der nicht vor Mächt′gen zagt -
Dies allein ist′s, was mich liebenswerth
Machen konnte und zum Freund begehrt!
Und nun wundert ihr euch, daß ich heiß
Glühe für des Lebens höchsten Preis,
Und ihr scheltet, wenn ich laut und frei
Rede gegen Lüg′ und Tyrannei,
Scheltet, wenn mein Herz von Gram bewegt
Für der Menschheit ew′ge Rechte schlägt,
Wenn es mitkämpft in dem heil′gen Krieg
Für der wahren Liebe großen Sieg! -
Was als Wahrheit ich erkannte rein,
Muß in′s Leben tragen ich hinein,
Künden dürfen, wie der Lerche Lied
Morgenfrisch zum freien Himmel flieht!
Wendet euch denn von mir - sonder Scheu
Steh′ ich einsam, doch mir selbst getreu!
(Luise Büchner „Frauenherz. Gedichte – Spätere Tage“, Berlin 1862)

Einsamkeit
Ich bin allein - wie oft mit kaltem Schauer
Trifft mich dies Wort, mit namenloser Trauer -
Ob sich auch laut das Leben um mich regt;
Allein - mit meinem Streben und Bemühen,
Allein - wenn eine andre Brust durchglühen
Ich möcht, mit dem, was Meine schön bewegt.
O, so allein ist nicht des Südens Pflanze,
Die einzeln steht in nordscher Blumen Kranze,
Es grüßt sie hier wie dort der Sonne Kuss;
So einsam nicht auf weitem Feld die Eiche,
Das sehnsuchtsvolle Rauschen ihrer Zweige,
Erwidert hold der Vögel lauter Gruß.
Wohl einmal auch, zwei kurze schöne Stunden,
Hab ich der Seele süßen Hauch empfunden,
Die geistverwandt mit mir die Schwinge regt;
Doch sie entschwand in endlos weite Ferne,
Ich schau ihm nach, dem glänzend schönen Sterne,
Von milder Schwermut wundersam bewegt.
So flieht mein Leben einsam still von hinnen,
Ein Quell, der bang im Sande muss verrinnen,
Und nie in einen stolzen Strom sich gießt;
Ein Efeu, der bestaubt am Boden lieget:
Kein Baum, daran er sich vertrauend schmieget,
Um den er liebend seine Arme schließt!
(Luise Büchner, „Frauenherz. Gedichte – Spätere Tage“, Berlin 1862) 


Weitere Texte von Luise Büchner:

  • „Ein Dichter. Novellenfragment.“, Darmstadt 1965
  • „Die Frauen und die Maschinen“, in: „Neue Bahnen – Organ des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“, Leipzig 1869
  • „Die Frauen und ihr Beruf. Ein Buch der weiblichen Erziehung“, Leipzig 1872
  • „Weibliche Betrachtungen zum Ring des Nibelungen“, in: Die Frau. Hinterlassene Aufsätze, Abhandlungen und Berichte zur Frauenfrage, Halle 1878