Spielzeit 2020 / 2021

„Komm ins Offene“, damit fängt ein berühmtes Gedicht von Friedrich Hölderlin an, dessen 250. Geburtstag wir dieses Jahr feiern. Wie zerbrechlich Seele, Geist und Körper des Menschen sind, wusste Hölderlin aus eigenem Erleben und Erleiden. In seiner Verletzlichkeit ging er als radikaler Künstler weit in die Welt hinein, ins Offene. Ins Unabgesicherte zu denken, zu suchen, zu handeln, gerade weil ich verletzlich bin – das bedeutet für mich „Komm ins Offene“.

Die Veränderung, das Neue machen schnell Angst. Angst vereinzelt uns und kann den Blick und das Herz eng machen. Wir brauchen keine Helden, sondern Gegenseitigkeit, Augenhöhe. Wir könnten gemeinsam einen neuen Atem suchen, der uns Mut macht und manches neu denken und greifen lässt. Zu erfahren, wie die Welt aus den Augen der anderen aussieht, kann den Blick und das Herz wieder weiten. Die Welt und das Rätsel einer guten Theateraufführung, eines großen Kunstwerks werden erst in der Vorstellungskraft der Betrachterin, des Betrachters wirklich lebendig. So zu Mitschöpfenden zu werden aktiviert unseren Möglichkeitssinn: Es könnte auch anders sein, als es ist. Kunst und Theater trainieren unsere Imagination und Fantasie wie Sport unsere Muskeln. Und auch die Fähigkeit ins Offene zu gehen, entsteht aus Üben, Üben, Üben, auch wenn man immer wieder scheitert.

Die intensive Erfahrung in der Isolation, wie viel mir die anderen bedeuten und wie viel Solidarität sich entwickelte, das nehme ich mit für die Zukunft auf die Suche nach dem Offenen, Neuen.

Karsten Wiegand


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