Liedzyklus von Christian Jost nach Robert Schumanns "Dichterliebe" op. 48 auf Texte von Heinrich Heine / Filmisches Musiktheaterprojekt
Informationen
„Näher kann man einem Publikum Musik mit filmischen und theatralen Mitteln nicht bringen.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
Robert Schumann schuf seinen Liedzyklus "Dichterliebe" zu Gedichten aus Heinrich Heines "Lyrischem Intermezzo" im Jahr 1840, auf dem Höhepunkt des romantischen Kunstlieds. Der Zyklus entwirft eindringliche Bilder vom Aufkeimen und Zerbrechen einer rätselhaften Liebe. Der zeitgenössische Komponist Christian Jost hat den Zyklus rekomponiert und die sechzehn Lieder wie Inseln in eine groß angelegte Komposition eingewebt — ein unerschöpflich fließender Klangstrom, der geheimnisvolle Räume voll Schönheit und Schmerz öffnet.
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Dieses visionäre Musiktheaterprojekt verlegt Christian Josts Dichterliebe in den digitalen Raum und greift den assoziativen Strom der Musik in filmischen Bildern auf. In den Räumen des Theaters und in der Natur entstand gemeinsam mit acht Sänger*innen aus dem Opernensemble und neun Musiker*innen aus dem Staatsorchester eine filmische Reise, die von Isolation, Sehnsucht und dem Wunsch nach Verschmelzung erzählt.
Ausgehend von der romantischen Sehnsucht des lyrischen Ichs nach dem liebenden Du wird suchend und tastend nach einem umfassenderen Begriff von Liebe gefragt, der nicht mehr nur das menschliche Gegenüber, sondern die gesamte Umgebung einbezieht und in dem sich die vermeintliche Grenze zwischen Mensch und Natur aufzulösen beginnt.
Doku / Hinter den Kulissen
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Gespräch mit Franziska Angerer und Carolin Müller-Dohle
In den letzten Wochen, in denen die Theater aufgrund der aktuellen Situation nicht spielen durften, entstand die Idee, Christian Josts Dichterliebe als digitales Projekt umzusetzen. Ihr wart bisher als Regisseurin und Dramaturgin für Theater und Musiktheater tätig. Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit an einem Film von der theatralen Arbeit und welche neuen Räume öffnet das Medium für Euch?
Franziska Angerer: Wir machen einen Film — was nicht heißt, dass wir das Theater damit ersetzen wollen. Ganz im Gegenteil: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir die Leerstelle Theater auch als solche gelten lassen. Und auch wenn wir uns nun filmisch mit der "Dichterliebe" auseinandersetzen, verwenden wir trotzdem theatrale Mittel. Gerade für dieses Projekt eignet sich das Medium Film an sich jedoch sehr gut. Der Komponist Christian Jost beschreibt seine Komposition als einen assoziativen Strom, der Schumanns und Heines Lieder wie Inseln in sich trägt und miteinander verwebt. Hierdurch entstehen viele Zwischenräume, die sich mit den Mitteln des Films wunderbar erschaffen lassen; man hat andere Möglichkeiten und Zeitlichkeiten als im Theater, was ganz wunderbar ist. Für unsere konkrete Arbeit bedeutet das Medium Film, dass man nicht wie am Theater üblich sechs Wochen auf der Probebühne probieren und ändern kann. Man muss sich ein stringentes Konzept bauen und viele Entscheidungen im Vorhinein treffen. Wir haben in der Kürze der Zeit eigentlich nur die Gelegenheit, alles einmal zu proben, bevor gedreht wird und alles "im Kasten" ist. Der Kompositionsprozess beginnt erst hinterher in der Postproduktion; dieser Prozess unterscheidet sich schon gewaltig. Aber das ist eine spannende Herausforderung für unser ganzes Team!
Wie wollt ihr den Klangstrom von Christian Jost, dessen Keimzellen Schumanns Melodien und Heines Texte sind, mit der achtköpfigen Sänger*innenbesetzung und den neun Musiker*innen filmisch erzählen?
Franziska Angerer: Nicht nur aufgrund der aktuellen Situation, in der wir Abstandsregeln einhalten müssen, haben wir das Thema Isolation stark in den Blick genommen. Ich denke, dass Isolation die Kehrseite einer Verschmelzungssehnsucht ist, dieser Sehnsucht nach dem Gegenüber. Das zeigt sich auch formal: wir arbeiten mit einem Splitscreen, also zwei Bildhälften, die miteinander kommunizieren, aber nicht im gleichen realen Raum interagieren.
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Angelehnt an die Komposition haben wir uns für Schichten entschieden, mit denen wir erzählen. Bei uns gibt es eine dokumentarische Ebene, in der wir die Tonaufnahmen zeigen, reale Bilder aus dem Prozess; dann haben wir die Ebene szenischer Vorgänge, die in einem Kubus stattfinden aber zum Teil auch in der Natur. Hier werden die Sänger*innen verschiedene Abläufe ausführen, abgekoppelt von ihrem Gesang. Und dann gibt es noch eine Naturebene, die wir einflechten.
Carolin Müller-Dohle: In der Konzeption haben wir uns lange darüber Gedanken gemacht, was ein digitales Musiktheater überhaupt sein kann; und wie wir das mit filmischen Mitteln umsetzen können. Uns ist sehr wichtig, dass wir die Musik von Christian Jost nicht einfach nur bebildern, sondern dass die Musik eine aktive Rolle inne hat und dass man den Prozess des Musikmachens sieht. Wir wollen offenlegen, dass das gemeinsame Musizieren erst diese imaginative Reise ermöglicht.
Was ist euch beim filmischen Erzählen sonst noch wichtig?
Carolin Müller-Dohle: Wir suchen neue Erzählformen, die nicht mehr ein Individuum oder eine Hauptfigur in den Mittelpunkt stellen, sondern kollektiver verlaufen, Netzwerke und Fadenspiele sind. Die Besetzung mit acht Sänger*innen anstatt wie üblich mit einem Sänger oder einer Sängerin führt zu einer Aufsplittung des lyrischen Ichs, weiterhin spielen auch die Musiker*innen in unserem Film eine wichtige Rolle. So gesehen ist es eine kollektive und nicht eine protagonistische Erzählung über Liebe.
Im romantischen Liedgut dreht sich alles um das Lieben und Leiden des lyrischen Ichs, das sich nach dem Du sehnt — alles andere ist ausgeschlossen. Es ist so gesehen eine sehr exklusive Angelegenheit. Wir fanden es für unsere Lesart des Werks spannend, ausgehend vom romantischen Liebeskonzept und anhand dieses Inbegriffs der Individuation, nach einem anderen Verständnis von Liebe und Sehnsucht zu fragen, das nicht mehr von Ich und Du erzählt, sondern von einem sich Hineingeben in die unbedingte Abhängigkeit von der gesamten Umwelt. Dazu ist die Überwindung des Egos, größer gesagt die Überwindung der Zentralstellung des menschlichen Subjekts, des so genannten Anthropozentrismus, notwendig. In der Romantik spielt die Natur als Spiegel der menschlichen Emotionen eine zentrale Rolle. Ausgehend davon wollen wir den Blick weiten hin zu einer wirkmächtigen Natur, die nicht mehr Objekt und menschliche Projektionsfläche ist, sondern eine aktive und wirkmächtige Materie, von der wir Menschen ja letztendlich Teil sind.
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Ergänzend zu unserem Videomaterial bieten wir Ihnen auch unseren Podcast "Drama, Baby" an, in dem Sie einen Einblick hinter die Kulissen bekommen.