3. Teil von Volker Schmidts gefeierter Represent-Trilogie

Volker, woher kommen denn der Titel und die Vorgeschichte der Produktion?

Volker Schmidt: Der Titel kommt tatsächlich von einem Rapper namens Olexesh, der aus Kranichstein kommt. Wir haben uns eine Zeile aus seinem Rap Song geklaut, die lautet: „Kranichstein represent, Deutschland braucht das“. Das haben wir gemacht, weil wir eben genau in dem ersten Teil dieser Trilogie Kranichstein in den Mittelpunkt gestellt und dann ein Kaleidoskop an Lebensgeschichten aus Kranichstein zu einem Stadtteilstück zusammengefügt haben. Dann war klar, dass wir die Idee des „Represent“ beibehalten wollen bei unserem zweiten Projekt, wo wir uns gefragt haben, wen das Staatstheater repräsentiert, für wen es gemacht wird und mit wem es gemacht wird. Wir haben also unsere eigene Rolle als Theaterschaffende in einer Stadtgesellschaft hinterfragt und sehr selbstkritisch beleuchtet und jetzt war dann logischerweise klar, dass wir für den dritten Teil unserer Trilogie auch „Represent“ nehmen und diesmal fragen, was denn die Identität von Darmstadt überhaupt ausmacht, wodurch die definiert wird. Ob das das Stadtmarketing ist, ob das die großen Player wie TU oder ESA oder Merck sind oder ob die Identität nicht auch – das muss sich ja nicht ausschließen – durch die vielen einzelnen Menschen gebildet wird, die diese Stadtgesellschaft ausmachen.

Und die Menschen aus Darmstadt spielen dann mit?

Genau. Es werden auch Schauspieler*innen des Staatstheaters dabei sein, aber auch eine große Zahl an Laiendarsteller*innen aus Darmstadt, die teilweise auch ihre eigenen Geschichten mitbringen, die dann in künstlerischer Form in dieses Stück hineinverarbeitet werden. Und es handelt sich auch dieses Mal wieder um ein Stationen-Theater, das um den Luisenplatz, also im Zentrum von Darmstadt stattfindet…

2019: Kranichstein represent (Deutschland braucht das)

Was hast du in deinen Darmstadt-Recherchen herausgefunden?

Ich war, als ich vor vier oder fünf Jahren aus dem schönen Wien kam und dann in der Darmstädter Innenstadt gelandet bin, natürlich erstmal geschockt davon, wie schlimm eine Stadt aussehen kann. Und hab mir dann in einem längeren Prozess die Liebe zu Darmstadt angeeignet, die auch tatsächlich besteht, weil ich merke, wie vielfältig die Stadt ist und es viele interessantere Ecken gibt. Und dass es auch gar nicht darum geht, eine Sache immer nur zu beurteilen. Und dann ist es gar nicht mehr so notwendig für meine Beziehung zu Darmstadt, wie schön die Stadt jetzt ist, sondern wenn man jemanden besser kennenlernt – ob das eine Person oder eine Stadt ist – dann geht es einfach um mehr. Und wenn ich dann die Stadtgesellschaft erlebe, wenn ich dann dort Freundschaften habe, wenn ich dort Orte kenne, die ich mag, dann eignet man sich die Stadt auch ganz anders an.

Und da interessiert dich aber nun auch, neben der Jetzt-Zeit, die Historie der Stadt und du hast deswegen auch Interesse daran, im Staatsarchiv einen Teil deines Stückes spielen zu lassen.

Ja, wir wollen den Blick auf Ereignisse lenken, die nicht so sichtbar sind, aber natürlich auch Ereignisse reflektieren, die unübersehbar eingeschrieben sind in die Geschichte der Stadt. Das Theater z.B. war lange Zeit das Opernhaus und dann das Landestheater von Darmstadt und dieser geschichtliche Teil ist noch im Innenraum im Foyer sichtbar – und genau dort werden wir auch spielen. Einerseits die teilweise noch originalen Treppenaufgänge, dann die Lüster, die dann durch die Renovierung nach dem Brand hinzugekommen sind. Diese historischen Schichten des Foyers werden wir beleben und das Publikum wird die Möglichkeit haben, dort auf eine historisch anmutende Stadtgesellschaft zu treffen, wobei wir die aktuelle diverse Stadtgesellschaft da miteinschreiben wollen.

2020: Darmstadt represent (Wo ist Emilia G.?)

Du hast dich jetzt so lange mit Darmstadt beschäftigt und wie verschiedene Aspekte dieser Stadt repräsentiert werden. Was wünschst du ihr?

Also ich wünsche ihr, dass einmal diese besondere Qualität, die ich bei den ganzen Recherchearbeiten gemerkt habe, dass Menschen diverser Herkunft sich dort insgesamt sehr wohl fühlen und auch sehr willkommen fühlen, dass sie diese Qualität beibehält und weiter ausbaut. Ich wünsche ihr weniger Autoverkehr in der Stadt und mehr Platz für die Menschen, für die Kinder und vor allem für Grün in der Innenstadt. Und einen wachen Diskurs und starke kulturelle und künstlerische Impulse. Und da hoffe ich, dass wir ein bisschen dazu beitragen werden.

Die Fragen stellte Produktionsdramaturg Maximilian Löwenstein

Darmstadt represent (verweile doch!)