Let’s talk Der zerbrochne Krug – Ein Fragebogen
Mit jeder Inszenierung hoffen wir, etwas bei unserem Publikum anzustoßen. Mit diesem Fragebogen zu „Der zerbrochne Krug“ wollen wir Dich wieder dazu anregen mit anderen oder Dir selbst in den Austausch zu kommen. Viel Spaß!
- Wie warst du mit 16?
- Was hing damals an deiner Wand? Falls du 16 bist: was hängt an deiner Wand? Wem folgst du in sozialen Netzwerken?
- Was war oder ist dein Lieblingslied?
- Wo hast du dich sicher gefühlt? Wo fühlst du dich sicher? Und wo stark?
- Wieviel Frauen kennst du, die einen sexuellen Übergriff erlebt haben?
- Und wieviele Menschen, die sexuell übergriffig waren?
- Wer befragt wen, wenn du beides bist: Täter und Richter?
- Ist ein vertuschter Übergriff für dich halb so schlimm?
- Schämst du dich oft?
- Ist Machtmissbrauch (k)eine Überraschung?
- Welche Grenzen akzeptierst du?
- Welche nicht?
- Wie oft sagst du „Missverständnis“ wenn du eigentlich „meine Schuld“ meinst?
Und worum geht’s?
Der Krug ist zerbrochen. Das ist sicher. Alles weitere wird vor Gericht in Frage gestellt. Vor Gericht steht Marthe Rull, die Ruprecht, den Verlobten ihrer Tochter Eve, beschuldigt bei einem nächtlichen Besuch in Eves Zimmer einen Krug zerbrochen zu haben – und vielleicht noch mehr. Ruprecht beschuldigt jedoch wiederum einen Unbekannten, der sich Zutritt zum Haus verschafft und den Krug bei seiner Flucht vor Ruprecht durchs Fenster zerstört hatte. Und Eve?
Sie schweigt zunächst – vielleicht eingeschüchtert von den Geschehnissen der Nacht, vielleicht beharrlich.
Ihr Schweigen ist es auch, was auf der Richterbank für Unruhe sorgt. Dort sitzt Richter Adam, der einige verbundene Verletzungen vorzuweisen hat – er stürzte zuhause. Zumindest ist das seine Behauptung.
Tatsächlich war er es, der am Abend zuvor die junge Eve mit Lügen über einen drohenden Einzug ihres Verlobten ins Militär unter Druck setzte. Adam bedrängt sie und stellt in Aussicht, sie könne ihren Geliebten vor diesem Schicksal bewahren, wenn sie…
Als der scheinbar betrogene Ruprecht unerwartet die verschlossene Tür aufbricht, flieht der Richter und verletzt sich.
Nun macht Adam in aller Öffentlichkeit sich selbst den Prozess. Mal mit Drohungen, mal mit Schmeicheleien versucht er seine Täterschaft zu verschleiern und den Verdacht auf andere zu lenken – egal, was dabei zu Bruch geht. Doch seine blühende Fantasie kommt gegen die Wahrheit nicht an. Dieses Gerichtsdrama von
Heinrich von Kleist wird vor allem durch die Dreistigkeit, mit der hier von den Mächtigen gelogen wird, um
ihre Macht zu erhalten, zur Komödie und schlägt so den Bogen ins Heute.
Regisseurin Theresa Thomasberger und ihr Team arbeiten mit dieser Inszenierung das erste Mal am Staatstheater Darmstadt. Auf der Bühne des Kleines Hauses entsteht ein Gerichtssaal, der einige Überraschungen bereit hält – räumliche, wie inhaltliche.
Im „zerbrochnen Krug“ deckt Heinrich von Kleist die übergriffigen Machenschaften eines Mannes auf und zeigt, wie Gerechtigkeit und Macht einander im Wege stehen können. Der komödiantische Dramenstoff von 1808, inzwischen zum Klassiker (und Abiturlektüre) geworden, zeigt immer wieder auf, wie viel im Umgang mit sexueller Gewalt noch zu tun ist. Denn auch heute schweigen viele Frauen und Mädchen über die Gewalt, die ihnen angetan wurde, auch heute kommt es zu öffentlichkeitswirksamen Gerichtsprozessen, die sich mit den Fragen von Zustimmung, Gewalt und Sexualität beschäftigen. Zuletzt erreichte der Fall um Gisèle Pelicot internationale Aufmerksamkeit und bestätigte vielen Zuschauerinnen, dass sie selbst im eigenen Zimmer nicht sicher sind vor Übergriffen.
Im Zentrum des Falls steht Gisèle Pelicot, deren damaliger Ehemann sie über Jahre hinweg mit Drogen betäubte, sie sexuellen Übergriffen aussetzte und fremden Männern zur Vergewaltigung anbot. Der Haupttäter wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, 50 weitere Männer erhielten Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren. Pelicot verzichtete auf ihre Anonymität und bestand auf einem öffentlichen Verfahren – ein bewusster Akt, um „die Scham die Seite wechseln“ zu lassen. Der sogenannte Pelicot-Prozess macht deutlich, wie dringend ein Neubeginn im Umgang mit sexueller Gewalt notwendig ist – und wie wichtig Öffentlichkeit, Recht und Solidarität für Opfer sind.
Der zerbrochne Krug
ein Lustspiel von Heinrich von Kleist / empfohlen ab 14 Jahren
REGIE Theresa Thomasberger
BÜHNE Mirjam Schaal
KOSTÜM Sina Manthey
MUSIK Oskar Mayböck
DRAMATURGIE Carlotta Huys
Premiere am 27. Februar, 19:30 Uhr | Kleines Haus
Weitere Termine: 11., 17. & 26. April, 02. & 22. Mai
Für diese Inszenierung bieten wir außerdem Schulvorstellungen an!