Oliver Brunner im Gespräch mit Regisseur Christoph Mehler

Als das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur gelten Shakespeares Romeo und Julia. Ihre Liebe ist ein Sog, eine hell strahlende Wunderkerze, bedingungslos und tödlich, denn die Intensität dieser Liebe findet ihre Kehrseite in der kurzen Dauer und dem tragischen Ende. Was bedeutet für Dich diese Liebe 2022?

Die Liebe in „Romeo und Julia“ ist eine Liebe unter Feinden, es herrscht Krieg. Verbrüderung, Freundschaft oder gar Liebe ist zwischen den Capulets und Montagues nicht vorgesehen, sie ist verboten. Aber Liebe ist nicht rational, sie hat ihre eigenen Gesetze und hält sich nicht ans Kriegsrecht. Damit steht die Liebe für Widerstand, für ein Aufbegehren und die Hoffnung auf Frieden. Es geht um den Kampf der Liebe gegen den Hass in uns. „Love ist all we need“ – damals und heute.

Deine Besetzung sucht mehr als eine „Jugend-Liebe“?

Romeo und Julia sind bei Shakespeare vierzehn Jahre alt. In diesem Alter gibt es meistens noch kein klares politisches Bewusstsein, aber sicherlich ein Unrechtsgefühl. In unserer Setzung sind die beiden älter. Sie sehen und verstehen sehr genau, was der Krieg um sie herum bedeutet und ihnen ist der Verlust ihrer Freunde durch den Tod in seiner Unwiderruflichkeit sehr bewusst. Ihre Liebe passiert ihnen – und selbst als sie erfahren, wer sie sind, entscheiden sie sich in aller Konsequenz füreinander.
 

(C) Jennifer Hörr

Ist es eine Tragödie oder ist es eine Komödie?

Eine Tragödie. Aber Shakespeare ist ja immer beides, Licht und Schatten, Witz und Schmerz. Und es wird auch leicht hell. Es gibt Hoffnung, aber eben kein Happy End.

Wie sieht die Bühne für Dein Verona aus? Was ist das Besondere?

Unsere Bühnenbildnerin Jennifer Hörr versucht mit ihrem Entwurf nicht, den Originalbalkon aus Verona nachzubauen. Die Bühne ist trotzdem ein Ort, der so nur für die Capulets und Montagues existieren kann – als wären die Figuren auf einem Geisterschiff gefangen und dort ihrem Schicksal immer und immer wieder aufs Neue ausgeliefert, seit Jahrhunderten die gleichen Hoffnungen, derselbe Schmerz. Zwei große Objekte werden unabänderlich die immer gleichen Grenzen zwischen den Familien ziehen… und sich nie berühren können.

„Romeo und Julia“ ist Deine neunte Arbeit am Staatstheater Darmstadt. Auf was freust Du Dich besonders?

Für mich ist das Staatstheater Darmstadt eine künstlerische Heimat geworden. Mit vielen Mitstreiter*innen und Freund*innen. Ich freue mich also aufs nach Hause kommen.

Romeo und Julia